Technische Analyse
Dem Volumen auf der Spur
In dieser Ausgabe werfen wir einen Blick auf den OBV-Indikator. Er hilft Anlegern herauszufinden, ob sich das Handelsvolumen im Einklang mit dem Trend im Basiswert bewegt.
Das Handelsvolumen als Anzahl der in einer bestimmten Zeitperiode gehandelten Gegenstände (in der Regel Aktien oder derivative Kontrakte) stellt in der Technischen Analyse einen wichtigen sekundären Indikator dar. Mit anderen Worten liefert es entweder eine Bestätigung oder eine Nichtbestätigung des Geschehens in der primär relevanten Preiskurve. Die Bedeutung des Volumens wurde bereits vom Urvater der modernen Technischen Analyse, Charles Dow, herausgestellt. Eine der Kernaussagen der später nach ihm benannten Dow-Theorie besagt, dass das Volumen in einem gesunden Markt den Trend bestätigen sollte. Entsprechend sollte das Volumen in einem Aufwärtstrend an Tagen mit steigenden Kursen höher sein als an Tagen mit fallenden Notierungen. Betrachten wir einen Abwärtstrend, sollten hingegen die Abwärtstage von höherem Volumen begleitet werden als die Tage mit einer technischen Erholungsbewegung. Eine solche Bestätigung stärkt das Vertrauen des technisch orientierten Traders in den Bestand des etablierten Kurstrends. Anders gestaltet sich hingegen die Situation, falls es zu einer Divergenz zwischen Kurstrend und Volumentrend kommt. Da der Trend im Handelsvolumen häufig dem Trend in der Preiskurve vorausläuft, liefert eine solche Konstellation ein bedeutsames Warnsignal für einen möglichen Trendwechsel auch im beobachteten Basiswert.
Die Untersuchung des Volumentrends in der üblichen Darstellung des Handelsvolumens als Balken unterhalb des Preischarts ist visuell nicht sehr ansprechend. Bereits früh haben sich Technische Analysten daher dieser Problematik gewidmet und Lösungen entwickelt. Recht einfach gehalten und dennoch hilfreich ist der On-Balance-Volume (OBV)-Indikator von Joseph Granville. Er ist in den meisten Chartanalyse-Programmen enthalten. Die Berechnung ist simpel: Das Gesamtvolumen einer Periode – in der Regel eines Tages – wird entweder mit einem positiven Vorzeichen oder einem negativen Vorzeichen versehen, je nachdem, ob der Basiswert an diesem Tag im Plus oder im Minus geschlossen hat. Anschließend wird eine Linie konstruiert, die aus der kumulativen Summe der entsprechenden Werte resultiert. An Plustagen wird also das Volumen auf den Vortageswert der Linie addiert und an Minustagen subtrahiert. Der nominale Wert selbst spielt für den Technischen Analysten keine Rolle, sondern nur der Trend, der sich in der Indikatorkurve ergibt.
Neben der Trendanalyse in Gestalt der Abfolge von Hoch- und Tiefpunkten kann bei der Analyse des OBV-Indikators auch mit Trendlinien und gleitenden Durchschnittslinien gearbeitet werden. Betrachten wir Grafik 1, so sehen wir, dass der primäre Aufwärtstrend im Basiswert vom OBV-Indikator mit einem entsprechenden Aufwärtstrend bestätigt wird. Höhere Hochs im Basiswert werden von höheren Hochs im Indikator begleitet. Es liegt eine Konvergenz zwischen Preiskurve und Volumen vor. Die Schlussfolgerung lautet also, dass der Aufwärtstrend aus Sicht der Volumenanalyse als gesund zu werten ist. Zudem warnte (im Herbst 2023) eine positive Divergenz im OBV-Indikator vor einem Ende der mehrmonatigen Abwärtskorrektur. Der Indikator bildete ein höheres Tief aus, während sich die Preiskurve des Basiswerts noch im korrektiven Abwärtstrend befand.
Grafik 1: OBV-Konvergenz und positive Divergenz
Mit Blick auf Grafik 2 lässt sich erkennen, dass zwei bedeutenden Hochpunkten im Basiswert eine Nichtbestätigung durch den OBV-Indikator vorausgegangen ist. Der Indikator zeigte mit einem niedrigeren Hoch eine negative Divergenz zur Preiskurve und warnte damit frühzeitig vor einem möglichen Trendwechsel im Basiswert.
Grafik 2: OBV – negative Divergenzen
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