Hedging: Statisch oder dynamisch? Absicherung gegen rückläufige Aktienkurse

Nachdem wir Ihnen in den vorherigen beiden ideas-Ausgaben erläutert haben, wie die Emittentin sich gegen Verluste absichert, bringen wir Ihnen in dieser Ausgabe näher, wie Sie Ihr Depot gegen Kursverluste hedgen können.

Neben der Spekulation auf steigende oder fallende Kurse können Standard-Optionsscheine auch zur Absicherung (Hedging) einzelner Positionen des Depots oder des Gesamtportfolios eingesetzt werden. Das Ziel der Absicherung ist die Kompensation möglicher Kursrückgänge des Basiswerts mit den daraus resultierenden Gewinnen aus dem Einsatz von Put Optionsscheinen.

Anleger, die beispielsweise aus steuerlichen Gründen eine Aktie in ihrem Portfolio nicht verkaufen möchten, haben also die Möglichkeit, sich gegen Kursrückgänge dieser Aktie zu »versichern«. Sie können dazu zwei unterschiedliche Strategien verwenden: den statischen oder den dynamischen Hedge.

Statischer Hedge
Die Anzahl der zur Absicherung benötigten Put Optionsscheine wird beim statischen Hedge einmalig zu Beginn ermittelt und bleibt bis zum Ende der Absicherung konstant. Die Anzahl der benötigten Puts berechnet sich mit der folgenden Formel:

Die Formel ermittelt die Anzahl der notwendigen Put Optionsscheine zur vollständigen Absicherung zur Fälligkeit. Die benötigten Ausstattungsmerkmale (zum Beispiel Basiswert, Basispreis und Laufzeit), die den Preis des Optionsscheins und damit den Preis der Absicherung beeinflussen, müssen jedoch vom Anleger ebenfalls sorgfältig gewählt werden. Der Basispreis bestimmt das Absicherungsniveau. Das heißt, je höher der Basispreis, umso teurer wird die Absicherung. Möchte der Anleger das Risiko für Verluste des Basiswerts bis zu einem geringeren Kursniveau übernehmen, wählt er einen niedrigeren Basispreis. Dadurch wird die Absicherung tendenziell günstiger. Zudem muss der Anleger entscheiden, für welchen Zeitraum das Portfolio bzw. die Depotposition abgesichert werden soll. Hier gilt tendenziell: Je länger die Absicherung läuft, desto höher ist der Preis dafür.

Beispiel:
Ein Anleger besitzt 50 Aktien der Siemens AG. Er erwartet zwar kurzfristig fallende Kurse der Aktie, möchte sie aber nicht verkaufen, da er langfristig an das Potenzial der Aktie glaubt. Deshalb sichert er sie auf dem aktuellen Kursniveau mithilfe eines statischen Hedges ab. Die Verkaufsoptionsscheine, die er für die Absicherung verwenden möchte, haben ein Bezugsverhältnis von 0,1. Die Anzahl der benötigten Verkaufsoptionsscheine ist:

Der Anleger benötigt 500 Verkaufsoptionsscheine für den statischen Hedge. Durch die Variation der Laufzeit und des Basispreises kann er seine Kosten für den statischen Hedge beeinflussen. Möchte der Anleger nicht eine einzelne Aktie, sondern ein ganzes Portfolio absichern, können Index-Optionsscheine eingesetzt werden. Dabei stellt sich bezüglich des Basiswerts beispielsweise die Frage, welcher Index-Optionsschein das Depot am besten widerspiegelt und so die Verluste des Portfolios kompensieren kann.

Der statische Hedge führt nur am Fälligkeitstag des Puts zu einer Absicherung auf dem Niveau des Basispreises. Während der Laufzeit des Optionsscheins besteht ein nur unvollständiger Schutz gegen Kursrückgänge des einzelnen Depotwerts bzw. des Gesamtportfolios, da das Delta des Optionsscheins nicht berücksichtigt wird. Um eine Anpassung während der Laufzeit an die sich ändernden Marktverhältnisse zu ermöglichen, muss der dynamische Hedge herangezogen werden.

Dynamischer Hedge
Mit dem dynamischen Hedge versucht man, eine optimale Absicherung des Gesamtportfolios bzw. des Depotpostens über die gesamte Laufzeit zu gewährleisten. Dabei spielt das Options-Delta eine wichtige Rolle. Die benötigte Anzahl der Put Optionsscheine wird unter Berücksichtigung der Änderung des Deltas kontinuierlich angepasst. Die Anzahl der Puts berechnet sich mit der folgenden Formel:

Bei einer optimalen Anpassung erreicht man eine sogenannte Delta-neutrale Position, bei der die Verluste der abzusichernden Aktienposition jederzeit mit Gewinnen aus den Puts kompensiert werden können. Beim dynamischen Hedge ist die sorgfältige Auswahl der Ausstattungsmerkmale ebenso wichtig. Auch hier muss beispielsweise der Basiswert so gewählt werden, dass er dem gewünschten Absicherungsniveau des Anlegers entspricht.

Beispiel:
Ein Anleger besitzt 70 Aktien der BASF AG. Er möchte sie durch einen dynamischen Hedge absichern. Die Verkaufsoptionsscheine, die er für die Absicherung verwenden möchte, haben ein Delta von –0,5 und ein Bezugsverhältnis von 0,1. Die Anzahl der benötigten Verkaufsoptionsscheine ist:

Der Anleger benötigt 1.400 Verkaufsoptionsscheine für den dynamischen Hedge. Es müssen jedoch regelmäßig Anpassungen vorgenommen werden, da sich das Delta im Zeitablauf verändert. Konkret: Steigt der Aktienkurs, erhöht sich in der Regel das Put-Delta (nähert sich 0), was wiederum im dynamischen Hedge eine höhere Gesamtanzahl von Puts erforderlich macht. Somit würde der Anleger seine bestehende Put-Position jetzt aufstocken.

Ein Nachteil des dynamischen Hedges gegenüber dem statischen Hedge sind die höheren Absicherungskosten. Denn erstens führt die Berücksichtigung des Deltas zu einer höheren Anzahl von notwendigen Puts. Zweitens sind die regelmäßig vorzunehmenden Anpassungen mit höheren Transaktionskosten verbunden. Für einen Privatanleger würde sich eher die klassische Versicherungsvariante des statischen Hedges lohnen, während ein professioneller Marktteilnehmer (wie zum Beispiel ein Market Maker, der ständig seine Risiken überwachen und steuern muss) in der Regel einen dynamischen Hedge bevorzugt.

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