Kapitalmaßnahmen von A bis Z – Teil 2: Der Aktiensplit

Bei einem Aktiensplit handelt es sich um eine von den Aktionären auf der Hauptversammlung beschlossene Umwandlung von bereits existierenden Aktien in eine größere Anzahl neuer Aktien mit einem geringeren Nominalwert. Beim Aktiensplit ändert sich zunächst nichts an den Beteiligungsverhältnissen oder am Eigenkapital des Unternehmens, auch der Unternehmenswert wird nicht beeinflusst. Lediglich der Preis der einzelnen Aktien verringert sich, dafür wird der Aktionär mit einer entsprechenden Anzahl neuer Aktien »entschädigt«.

So nutzen beispielsweise Unternehmen, deren Aktienkurse in der Vergangenheit stark gestiegen sind, die Möglichkeit, der Hauptversammlung einen Aktiensplit vorzuschlagen, um den Aktienkurs optisch zu verbilligen. Insbesondere Kleinanlegern wird dadurch die Gelegenheit gegeben, auch mit relativ geringen Beträgen in die Aktie zu investieren. Wie ein Aktiensplit funktioniert, zeigt das folgende Beispiel.

Beispiel
Die Aktionäre von NVIDIA haben auf der Hauptversammlung am 3. Juni 2021 einem Aktiensplit in Höhe von eins zu vier zugestimmt. Für jede alte Aktie erhalten Aktionäre vier neue Aktien. Dadurch wird die Anzahl der Aktien von bisher 625 Millionen auf 2,5 Milliarden Stück erhöht. Die Umstellung an der Nasdaq erfolgte mit Wirkung zum 20. Juli 2021. Das Grundkapital des Unternehmens bleibt unverändert und ist nun in 2,5 Milliarden Aktien aufgeteilt. Das Anteilspapier von NVIDIA wurde mit dem Schlusskurs am 19. Juli 2021 angepasst: von 751,19 US-Dollar auf 187,7975 US-Dollar. Ihr Wert hat sich also durch den Aktiensplit geviertelt.

Die Altaktionäre haben keinen finanziellen Vor- oder Nachteil durch diese Transaktion. Allerdings bemerken nicht nur Aktionäre eine Änderung in ihrem Depot, auch Optionsscheine und Zertifikate, die sich auf die NVIDIA-Aktie beziehen, sind von der Kapitalmaßnahme betroffen. Um die Besitzer dieser Derivate nicht zu benachteiligen, passt der Emittent der Wertpapiere seine Produkte entsprechend an. Der Aktiensplit ist also auch für die Zertifikatebesitzer wertneutral. Um dies zu erreichen, wird zunächst der Anpassungsfaktor, auch R-Faktor genannt, ermittelt. Im Fall des Aktiensplits ist er sehr leicht zu errechnen, indem die Anzahl der alten Aktien durch die Anzahl der neuen Aktien dividiert wird. Dies ergibt für unser Beispiel von NVIDIA den Wert 0,25. Der R-Faktor wird auch von der jeweiligen maßgeblichen Terminbörse veröffentlicht, die ihn ebenfalls für die Anpassung ihrer Optionen und Kontrakte benötigt.

Im zweiten Schritt werden die entsprechenden Derivate konkret angepasst. Je nach Optionsschein- oder Zertifikatstyp kann es hier zu unterschiedlichen Vorgehensweisen kommen. Wir betrachten beispielhaft wieder den Fall von NVIDIA. Der Basispreis eines Optionsscheins, der Basispreis einer Aktienanleihe, der Cap eines Discount-Zertifikats und das Bonuslevel bzw. die Barriere eines Bonus-Zertifikats werden mit dem R-Faktor multipliziert, während das Bezugsverhältnis jeweils durch den R-Faktor dividiert wird.

Tabelle 1 verdeutlicht anhand von Beispielen, wie die einzelnen Produkttypen von Société Générale infolge des Aktiensplits von NVIDIA vom 20. Juli 2021 angepasst wurden.

Tabelle 1: Anpassung der Produkte auf NVIDIA

WKN

Typ

Cap alt

Cap neu

Bonuslevel alt

Bonuslevel neu

Barriere alt

Barriere neu

Bezugsverhältnis alt

Bezugsverhältnis neu

SD5 9Z0

Discount-Zertifikat

600,00 USD

150,00 USD

1:1

1:4

SD0 LTS

Capped Bonus-Zertifikat

860,00 USD

215,00 USD

860,00 USD

215,00 USD

450,00 USD

112,50 USD

1:1

1:4

WKN

Typ

Basispreis alt

Basispreis neu

Knock-Out-Schwelle alt

Knock-Out-Schwelle neu

Bezugsverhältnis alt

Bezugsverhältnis neu

SD7 C28

Unlimited Turbo-Optionsschein Call

503,350225 USD

125,837556 USD

527,96 USD

131,99 USD

100:1

25:1

SF1 GXR

Klassischer Optionsschein Call

740,000000 USD

185,000000 USD

100:1

25:1

Quelle: Société Générale

Das Gegenteil eines Aktiensplits ist der Reverse-Aktiensplit, bei dem die Anzahl der ausgegebenen Aktien verringert wird, wodurch der Börsenkurs der verbleibenden Aktien steigt. Auch der Reverse-Aktiensplit wird von der Hauptversammlung beschlossen. Gründe können rein psychologischer Natur sein, da sich an den Beteiligungsverhältnissen und dem Wert der Aktiengesellschaft auch hier nichts ändert. Allerdings kann ein Reverse-Split auch nötig werden. Denn wenn beispielsweise der Aktienkurs unter dem Nennwert der Aktie notiert, dürfen nach deutschem Aktiengesetz keine neuen Aktien ausgegeben werden. Ein Reverse-Aktiensplit wird auch durchgeführt, um eine Aktie optisch teurer zu machen. Dies war häufig im Zeitraum nach der Finanzkrise 2008/2009 zu beobachten, als viele bekannte Aktientitel stark an Wert verloren hatten.