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Gibt es zu viele Zertifikate?
In einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist eine große Produktvielfalt Ausdruck für einen funktionierenden Markt und für den starken Wettbewerb zwischen den Anbietern. Nur so lässt sich das marktwirtschaftliche Prinzip der Konsumentensouveränität praktisch verwirklichen. Hier nimmt der Verbraucher mit seinen Konsumentscheidungen starken Einfluss darauf, welche Güter und Dienstleistungen angeboten werden. Das gilt auch für den deutschen Zertifikatemarkt.
GRÜNDE FÜR DIE PRODUKTVIELFALT
Wesentliche Gründe für die große Zahl der Zertifikate sind ihre Produkteigenschaften und Ausstattungsmerkmale. Hierzu zählen insbesondere der Basiswert, der Risikogehalt, die Marktrichtung und die Laufzeit.
- Der Anleger kann aus einer Fülle von Basiswerten wie deutsche und internationale Aktien, Standard und Spezial-Indizes, Rohstoffe und Währungen auswählen. Damit lassen sich auch unterschiedliche Branchen, Regionen und Strategien abbilden.
- Der Anleger kann je nach individueller Risikoneigung und Renditeerwartung zwölf Zertifikatetypen nutzen, vom sicheren Kapitalschutz-Zertifikat bis hin zum hochspekulativen Knock-Out-Produkt.
- Der Anleger kann anders als beispielsweise bei der Direktanlage in Aktien mit Zertifikaten bei nahezu allen Basiswerten nicht nur auf steigende, sondern auch auf seitwärts tendierende und fallende Kurse setzen.
- Der Anleger kann die Dauer eines Zertifikate-Investments nahezu beliebig bestimmen: von sehr kurzfristig bis hin zu vielen Jahren.
Alle diese Merkmale lassen sich fast beliebig miteinander kombinieren und führen so zu einer großen Anzahl von Produkten. Dank der Produktvielfalt hat der Anleger die Möglichkeit, ein Zertifikat zu erwerben, das genau zu seinen Bedürfnissen passt. Er muss keine Kompromisse eingehen. Findet der Anleger trotz der großen Auswahl an Zertifikaten einmal nicht das geeignete Produkt, so kann er sein eigenes Zertifikat auf speziellen Emissionsplattformen selbst kreieren und beim Emittenten bestellen. Wenig später kann er das maßgeschneiderte Zertifikat dann an den Börsen Stuttgart und Frankfurt kaufen.
Tabelle 1: Zahl der Anlageprodukte und Hebelprodukte Juni 2018
VORTEILE FÜR DEN ANLEGER
Handeln wie institutionelle Anbieter
Bei Zertifikaten hat der Anleger die Möglichkeit, aus einer Vielzahl verschiedener Basiswerte auszuwählen. Neben Aktien kommen hier auch Indizes oder Rohstoffe infrage. Der Zugang zu solchen Märkten war bis vor wenigen Jahren ausschließlich institutionellen Anlegern vorbehalten. Nunmehr können auch Privatanleger mit nur einem strukturierten Produkt einfach und unkompliziert in eine Strategie, Branche oder Region investieren.
Die Produktvielfalt ermöglicht dem privaten Anleger zudem, seine Markterwartung bei nahezu allen Basiswerten genau, einfach und preiswert umzusetzen. Genauso wie institutionelle Anleger im Rahmen von Termingeschäften ihr Vermögen absichern, kann auch ein privater Anleger unterschiedliche Basiswerte in seinem Depot günstig gegen massive Kursverluste versichern.
Wettbewerb sorgt für günstige Preise
Auch die Tatsache, dass oft mehrere Emittenten das gleiche Produkt anbieten, wirkt sich vorteilhaft für den Anleger aus. Der Anleger kann so unter verschiedenen Produkten mit identischen oder ähnlichen Ausstattungsmerkmalen das kostengünstigste auswählen.
Im Zertifikatemarkt ist dieser positive Effekt für die Anleger besonders gut sichtbar. Der scharfe Wettbewerb hat zum Beispiel bei Index-Zertifikaten dazu geführt, dass diese ganz einfachen Produkte in der Regel ohne Verwaltungsgebühren angeboten werden und teilweise nicht einmal mehr eine Differenz zwischen den Kauf- und Verkaufskursen aufweisen. Auch auf die Konditionen aller anderen Produktkategorien wirkt sich der Wettbewerb unter den Emittenten positiv für den Anleger aus.
HILFE ZUR ORIENTIERUNG
Sicherlich ist es für den Anleger auf den ersten Blick nicht ganz einfach, sich bei einer so großen Produktvielfalt zurechtzufinden. Deshalb benötigt er eine Orientierungshilfe.
Produktklassifizierung
Eine wesentliche Voraussetzung für Transparenz ist die Produktklassifizierung des DDV, an der sich alle deutschen Emittenten orientieren. Sie gibt dem großen Produktuniversum der Anlagezertifikate und Hebelprodukte eine Struktur. Diese sogenannte Derivate-Liga vergleicht dabei die wichtigsten Produktkategorien mit den elf Spielpositionen einer Fußballmannschaft. Im Wesentlichen unterscheiden sich die Produkttypen in Funktionsweise und Risikogehalt.
Einheitliche Fachbegriffe
Auch bei der Definition und Festlegung der Fachbegriffe, die zur Erläuterung der Zertifikate und deren Funktionsweise erforderlich sind, hat der DDV einen wichtigen Marktstandard gesetzt. An ihm orientieren sich die Mitglieder des DDV sowie die Börsen Stuttgart und Frankfurt.
Informationsblätter
Seit Anfang 2018 wird allen potenziellen Anlegern vor dem Kauf von verpackten Anlageprodukten ein Basisinformationsblatt zur Verfügung gestellt. Dies gilt im Wesentlichen für Zertifikate, kapitalbildende und fondsgebundene Lebensversicherungen und ist (teilweise erst ab 2020) auch für Investmentfonds vorgesehen. Das Basisinformationsblatt stellt auf drei Seiten die wesentlichen Merkmale und die Funktionsweise eines Finanzprodukts dar, beschreibt ausführlich die damit verbundenen Risiken und Chancen unter verschiedenen Szenarien und nennt auch die Kosten. Der Gesamtrisiko-Indikator zeigt anschaulich anhand von sieben Stufen, wie hoch das Risiko der Anlage ist. Die Basisinformationsblätter sollen auch den Vergleich zwischen verschiedenen Finanzprodukten erleichtern.
Anlage-Checkliste
In Kooperation mit der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat der DDV eine Checkliste mit insgesamt 18 Fragen und Erläuterungen entwickelt, mit deren Hilfe Anleger die wichtigsten Punkte vor dem Kauf eines Zertifikats klären können. Die Checkliste gibt einen guten Überblick über die Informationen, die ein Anleger einholen sollte, bevor er sich für den Kauf eines Zertifikats entscheidet. Außerdem kann der Anleger überprüfen, ob er sich über die Bedingungen des von ihm ausgewählten Zertifikats im Klaren ist und ob er alle wesentlichen Punkte verstanden hat.
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