Interview: "René will Rendite"
Überrendite ist kein Maßstab für erfolgreiches Investieren – Interview mit Clemens Schömann-Finck von »René will Rendite«
Mit über 100.000 Abonnenten gehört »René will Rendite« zu den größten deutschsprachigen Finanzkanälen bei YouTube. Hinter dem Kanal stehen die Finanzjournalisten Clemens Schömann-Finck und Markus Voss. Mit Experteninterviews und Analysen wollen sie Privatanlegern helfen, die richtigen Anlageentscheidungen zu treffen. Wir sprachen mit Clemens darüber, was er Anlegern rät.
ideas: Clemens, zuerst eine Frage, die sich wahrscheinlich viele Zuschauer und Zuschauerinnen eures Kanals »René will Rendite« stellen: Woher kommt der Name? Das ist ja weder dein Name noch der von Markus.
Clemens Schömann-Finck: Ja, das ist in der Tat etwas verwirrend und die Frage taucht oft unter den Videos auf. Dann steht in den Kommentaren: »Wer ist eigentlich dieser René?« Und dann versuche ich immer zu erklären, dass »René will Rendite« nur der Name des Kanals ist. Als ich den Kanal vor vier Jahren startete, war ich einfach auf der Suche nach einem prägnanten Namen, der deutlich macht, worum es geht. Und »Clemens will Rendite« klang nicht so gut.
Auf eurem Kanal unterhaltet ihr euch mit Experten über die Lage an den Börsen, Anlagestrategien und auch die wirtschaftliche Entwicklung.
Genau. Wir wollen jedem Anleger und jeder Anlegerin helfen, die Märkte und was dort gerade passiert, besser zu verstehen. Und natürlich sollen unsere Zuschauer und Zuschauerinnen durch die Tipps und Analysen der Experten Inspirationen für ihre Anlagestrategie bekommen, um bessere Entscheidungen für ihr Geld treffen zu können – egal, ob sie sich für Einzelaktien, Fonds oder ETFs interessieren.
Du bist ja eher der klassische ETF-Anleger, wie du immer wieder erzählst. Ist das nicht ein bisschen langweilig?
Ja, das stimmt. Ich investiere vor allem in breit gestreute ETFs. Mein Geld fließt hauptsächlich in den MSCI All Country World Index, den MSCI World Small Caps und in einen Asien-ETF. Ich bin bei meiner Strategie sehr geprägt vom Konzept der Welt-AG und versuche, über eine möglichst große Zahl von Unternehmen praktisch die Weltwirtschaft in mein Depot zu holen. Denn die Weltwirtschaft kann nicht pleitegehen, wie Gerd Kommer einmal bei mir im Interview sagte.
Natürlich gibt es Krisen, aber auch die gehen vorbei. Denn die Weltwirtschaft passt sich stetig an neue Situationen an. Ich weiß natürlich nicht, wie sie genau nach einer Krise aussehen wird und welche Firmen oder gar Branchen dann verschwunden sein werden. Aber ich weiß, dass ich immer die Überlebenden in meinem Depot haben werde, weil die ETFs ja diese Veränderungen mitmachen und in den Indizes die schwachen gegen neue, starke Unternehmen ausgetauscht werden.
Die große Rendite fährst du damit nicht ein.
Das kann so sein, genau. Ich bekomme nur die Marktrendite, den Durchschnitt. Und es hat in der Tat ein bisschen gedauert, bis ich meinen Frieden damit gemacht habe. Denn natürlich träumt jeder Anleger davon, den Markt zu schlagen und Verzehnfacher in seinem Depot zu haben. Jeder möchte doch gerne ein bisschen mit seinen cleveren Anlageentscheidungen und seinem Gespür prahlen. All das kann ich natürlich nicht, wenn ich nur in langweilige ETFs investiere. Aber mir sind dann ein paar Dinge klar geworden.
Welche sind das?
Mir wurde klar, dass Investieren kein Kampf oder Wettbewerb ist. Es geht nicht darum, andere zu schlagen. Mein finanzieller Erfolg hängt schließlich nicht davon ab, wie groß die Rendite anderer Anleger ist. Ich bin ja nicht ärmer, nur weil irgendwer mit seiner Strategie noch besser abschneidet als der S&P 500. Am Ende ist nicht wichtig, wer als Erstes die Ziellinie erreicht. Entscheidend ist, sie überhaupt zu erreichen. Und was mir auch klar wurde: Ich kann es mir leisten, nicht der beste Investor zu sein, ich kann es mir aber nicht leisten, ein schlechter zu sein. Denn den Markt zu schlagen ist natürlich schwierig und anstrengend. Die wenigsten schaffen das regelmäßig und wenn es sehr viele schaffen würden, wäre die Überrendite von gestern die neue Durchschnittsrendite von morgen. Nur mit viel Einsatz und einem erhöhten Risiko ist es möglich, besser zu sein als die anderen. Aber dieses Risiko muss und will ich nicht eingehen. Denn die Marktrendite reicht völlig aus, um mein finanzielles Ziel zu erreichen. Und das heißt: im Alter nicht arm sein. Man darf schließlich nicht vergessen, dass sich bei einer Rendite von 7 Prozent pro Jahr, was ja ungefähr dem langfristigen Durchschnitt der vergangenen Jahre entspricht, mein Vermögen gut alle zehn Jahre verdoppelt.
Dein Kollege Markus scheint da manchmal etwas offensiver zu sein.
Das mag so erscheinen, weil er sich auch mal Einzelunternehmen vornimmt, insbesondere auf unserem TikTok-Kanal. Er hat da Spaß dran und wird auch beim Börsenspiel Trader in unserer Spielgruppe »René will Rendite« mit dabei sein. Also an alle Leser und Leserinnen: Kommt auch zu uns in die Spielgruppe und messt euch mit ihm! Und natürlich werde auch ich versuchen, ihn zu schlagen. Aber auch Markus hat die Erfahrung gemacht, dass man mit Einzelaktien sehr oft falschliegen kann. Dagegen sind seine Fonds- und ETF-Sparpläne über die Jahre konstant im Wert gestiegen. Eine breite Streuung zahlt sich eben langfristig am meisten aus. Und eine durchschnittliche Rendite zu erzielen bedeutet eben auch, dass man kein Geld verliert.
Das heißt aber, du siehst dich als erfolgreichen Anleger, auch wenn du nur durchschnittlich bist?
»Nur Durchschnitt«, das klingt jetzt ein bisschen hart. Aber im Prinzip ist es so. Überrendite ist nicht der Maßstab für erfolgreiches Investieren. Selbst mit einer langweiligen ETF-Strategie ist es nicht leicht, die Ziellinie zu erreichen. Kursabstürze zehren an den Nerven und überall lauert die Versuchung, in irgendwelche Modethemen zu investieren, um vielleicht doch noch ein bisschen besser zu sein. Selbst so eine langweilige Strategie über 20 oder 30 Jahre durchzuhalten, ist nicht einfach und erfordert Disziplin. Ich werde mich also definitiv später als erfolgreicher Investor fühlen – ob mit Überrendite oder ohne.