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Das A und O der Optionsscheine, Teil 1

Optionsscheine ermöglichen risikobewussten Anlegern eine weitere Dimension bei der Kapitalanlage. Denn dank des bei diesen Wertpapieren wirkenden Hebels können auch mit vergleichsweise kleinen Anlagebeträgen hohe und im Vergleich zur Direktanlage stark überproportionale Gewinne erzielt werden.

Um mit der Direktanlage in Aktien oder anderen an den Weltbörsen gehandelten Anlageobjekten große Gewinne zu erzielen, brauchen Anleger in der Regel viel Zeit und ein entsprechend hohes Grundkapital. Denn selbst einen für Aktienverhältnisse beträchtlichen Kursanstieg von beispielsweise 100 auf 120 Euro (20 Prozent) kann der Anleger nur nutzen, wenn er zuvor eben jene 100 Euro in vollem Umfang aufbringt.

Einen Weg, hohe Kapitaleinsätze zu umgehen, bieten Optionen und Optionsscheine. Mit dem Kauf einer Call Option erwirbt der Anleger nicht direkt die betreffende Aktie, sondern stattdessen das Anrecht, die Aktie bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt zu einem bestimmten Kurs kaufen zu können. Was für die am Terminmarkt gehandelten Optionen gilt, das gilt im Grundsatz ebenso für die auch über die Wertpapierbörse handelbaren Optionsscheine. Sie sind gewissermaßen die depotgerecht verpackte Abwandlung der ursprünglichen Optionen. Mit Optionsscheinen geht kein tatsächlicher Anspruch auf den faktischen Erwerb der Aktie einher. Es erfolgt eine Auszahlung des entsprechenden Gegenwerts (Differenzbetrag) in Form eines Barausgleichs. Entscheidender Vorteil bei beiden Varianten: Der für diese Anrechte aufzubringende Kaufpreis ist üblicherweise um ein Vielfaches niedriger als der Preis der eigentlichen Aktie.

Hieraus resultiert der für diese Finanzinstrumente typische Hebeleffekt. Denn während mit der Direktanlage in der Aktie beim Anstieg von 100 auf 120 Euro bezogen auf das eingesetzte Kapital »nur« ein Gewinn von 20 Prozent erzielt wird, ermöglicht derselbe Aktienzuwachs von 20 Euro bei einem auf beispielsweise 5 Euro reduzierten Kapitaleinsatz einen ungleich größeren Gewinn von mehreren 100 Prozent. Dem gegenüber steht jedoch das Risiko eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals. Denn wenn die Aktie bei Fälligkeit der Option unterhalb des Kurses notiert, zu dem das Anrecht zum Erwerb der Aktie fixiert wurde, ist die entsprechende Option wertlos und verfällt. Selbes gilt für einen Optionsschein. Hier ist der Basispreis entscheidend. Mehr dazu wird im weiteren Beitrag erklärt.

Call und Put
Grundsätzlich gilt es zwei Hauptausprägungen zu unterscheiden, die den beiden gegensätzlichen Börsenrichtungen entsprechen: Mit einem Call Optionsschein setzen Anleger auf steigende Kurse des jeweils gewählten Basiswerts. Ein Put Optionsschein profitiert indes von nachgebenden Notierungen des betrachteten Anlageinstruments. Mit den beschriebenen Optionsscheinen, auch Standard- oder Classic-Optionsscheine genannt, setzen Anleger normalerweise auf starke Kursbewegungen in die eine oder andere Richtung. Über einige Spezialformen können Anleger mit Optionsscheinen aber auch in Marktszenarien ohne eindeutigen Trend profitieren (so zum Beispiel mit Inline-Optionsscheinen, dieser Variante widmen wir uns im nächsten Magazin).

Ausstattungsmerkmale von Optionsscheinen
Weitere wesentliche Merkmale sind der Basispreis, das Bezugsverhältnis und die Laufzeit bzw. die Ausübungsfrist. Anleger erwerben beim Kauf eines Optionsscheins das Recht, während der Ausübungsfrist einen nach klar definierten Bedingungen berechneten Auszahlungsbetrag zu erhalten. Bei einem Call Optionsschein handelt es sich dabei um die mit dem Bezugsverhältnis multiplizierte Differenz zwischen dem Kurs des Basiswerts und dem Basispreis. Der Kurs des Basiswerts muss also über dem Basispreis liegen, damit eine Zahlung erfolgen kann. Ansonsten verfällt der Call am Ende der Laufzeit wertlos. Genau umgekehrt verhält es sich bei Put Optionsscheinen. Hier wird der Kurs des Basiswerts vom Basispreis abgezogen und der daraus resultierende Betrag dann mit dem Bezugsverhältnis multipliziert. Der Auszahlungsbetrag ist bei Put Optionsscheinen immer dann positiv, wenn der Kurs des Basiswerts unterhalb des jeweiligen Basispreises notiert. Anderenfalls kommt es auch hier am Ende der Laufzeit zum wertlosen Verfall.

Somit gibt der Basispreis an, welchen Kurs der Basiswert während der Ausübungsfrist bzw. am Laufzeitende übersteigen (Call) bzw. unterschreiten (Put) muss, damit eine Auszahlung erfolgt. Die Laufzeit bestimmt, zu welchem Zeitpunkt der Optionsschein abgerechnet wird. Die Auszahlung des Rückzahlungsbetrags bei Fälligkeit erfolgt bei Optionsscheinen durch die Übertragung des jeweils ermittelten Geldbetrags (Differenzbetrag). Ein tatsächlicher Bezug des jeweils abgebildeten Basiswerts ist ausgeschlossen. Dies ist nur bei Optionen möglich. Optionen werden ausschließlich am Terminmarkt gehandelt, wobei ein tatsächlicher Anspruch auf den faktischen Erwerb des Basiswerts (im Fall von Aktien) besteht.