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Die Frage von Rollgewinnen und Rollverlusten

Eine Frage, die bei einem Investment in Zertifikate und Optionsscheine, die sich auf Rohstoff-Futures beziehen, immer wieder aufkommt, ist: Fallen beim Rollvorgang Gewinne bzw. Verluste an? Diese Frage wird nicht nur unter Privatanlegern kontrovers diskutiert. Viele Anleger verunsichert der Rollvorgang so sehr, dass sie zuweilen ganz von Rohstoffinvestments Abstand nehmen. Deshalb soll im Folgenden mit dem Missverständnis der Rollrenditen/-verluste aufgeräumt und gezeigt werden, dass es beim Rollvorgang weder Rollverluste noch Rollgewinne gibt.

Kurz zur Erinnerung: Beim Rollvorgang handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um den Tausch eines Futures in einen der nächstfälligen Futures. Da Future-Kontrakte mit einer festen Laufzeit ausgestattet sind, Finanzprodukte wie Zertifikate oder Optionsscheine, die sich auf einen Rohstoff-Future beziehen, häufig aber eine unbegrenzte Laufzeit besitzen, ist dieser Tausch notwendig, um eine physische Lieferung des zugrunde liegenden Rohstoffs bei Fälligkeit des kürzerlaufenden Futures zu vermeiden. Jeder Future-Kontrakt hat dabei seinen eigenen Preis. Notieren die Preise der längerlaufenden Futures über den kürzerlaufenden, so spricht man von einer Contango-Marktsituation. Umgekehrt spricht man von Backwardation, wenn die Preise der längerlaufenden Future-Kontrakte unter den kürzerlaufenden notieren.

Geht man von einer Contango-Marktsituation aus, wird beim Rollvorgang der kürzerlaufende Future zu einem niedrigeren Preis verkauft und der längerlaufende Future zu einem höheren Preis gekauft. Bei einer Backwardation-Situation ist es genau umgekehrt: Der kürzerlaufende Future wird zu einem höheren Preis verkauft und der längerlaufende zu einem niedrigeren Preis gekauft. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass diese Differenz zwischen beiden Future-Kontrakten zu Rollverlusten (Contango) bzw. Rollgewinnen (Backwardation) führt. Das ist aber nicht der Fall: Denn der Rollvorgang ist an sich völlig wertneutral. Das gilt grundsätzlich sowohl für den Emittenten als auch für den Zertifikate- und Optionsschein-Inhaber. Der Grund dafür ist, dass der Emittent bei jedem Rollvorgang die Zertifikate oder Optionsscheine so anpasst, dass jedes oder jeder einzelne nach dem Rollvorgang genauso viel wert ist wie zuvor. Dies gilt unabhängig davon, ob die Terminkontrakte in Contango oder in Backwardation notieren und ob die Anpassung über die Veränderung des Basispreises oder des Bezugsverhältnisses erfolgt. Ausschließlich die Entwicklung des nach dem Rollvorgang zugrunde liegenden Futures ist entscheidend für die weitere Wertentwicklung der Produkte.

Im folgenden Beispiel verdeutlichen wir Ihnen die Neutralität des Rollvorgangs in den beiden Marktsituationen Contango und Backwardation anhand eines BEST Turbo-Optionsscheins. Dabei beschränken wir uns darauf, die Anpassung des Basispreises darzustellen.

Bei einem BEST Turbo-Call-Optionsschein bezogen auf den Ölpreis mit Bezugsverhältnis eins zu eins und einem Basispreis in Höhe von 63,1649 US-Dollar wird der Basispreis beim Rollvorgang wie folgt angepasst (vereinfachend wird ein Euro/US-Dollar-Wechselkurs von eins zu eins zugrunde gelegt):

Contango-Marktsituation

Preis alter Future: 80,00 USD je Barrel
Preis neuer Future: 80,50 USD je Barrel
Preis BEST Turbo-Call-Optionsschein vor Rollvorgang: 16,8351 EUR

Neuer Basispreis = alter Basispreis + (Preis neuer Future – Preis alter Future) = 63,1649 USD + (80,50 USD – 80,00 USD) = 63,6649 USD

Preis BEST Turbo-Call-Optionsschein nach Rollvorgang: Bezugsverhältnis x (Preis neuer Future – neuer Basispreis) = 1 x (80,50 USD – 63,6649 USD) = 16,8351 EUR

Der Preis des BEST Turbo-Call-Optionsscheins notiert nach dem Rollvorgang unverändert bei 16,8351 EUR.

Backwardation-Marktsituation

Preis alter Future: 80,00 USD je Barrel
Preis neuer Future: 79,00 USD je Barrel
Preis BEST Turbo-Call-Optionsschein vor Rollvorgang: 16,8351 EUR

Neuer Basispreis = alter Basispreis + (Preis neuer Future – Preis alter Future) = 63,1649 USD + (79,00 USD – 80,00 USD) = 62,1649 USD

Preis BEST Turbo-Call-Optionsschein nach Rollvorgang: Bezugsverhältnis x (Preis neuer Future – neuer Basispreis) = 1 x (79,00 USD – 62,1649 USD) = 16,8351 EUR

Der Preis des BEST Turbo-Call-Optionsscheins notiert nach dem Rollvorgang unverändert bei 16,8351 EUR.

Bei beiden Marktsituationen ändert sich am Preis des BEST Turbo-Call-Optionsschein durch den Rollvorgang nichts. Für den Investor entstehen somit weder Rollerträge noch Rollverluste, unabhängig davon, in welcher Marktsituation die Futures notieren.

Zu dem Missverständnis, dass eine Contango-Rolle zu Rollverlusten führt, während bei einer Backwardation-Rolle Rollgewinne entstehen, kommt es oft, wenn die Betrachtung für einen willkürlich ausgewählten Zeitraum und ebenso willkürlich ausgewählten Rohstoff durchgeführt wird. Theoretisch herleitbar sind die Ergebnisse entsprechend nicht. Im Gegenteil: Es lassen sich diverse Beispiele finden, bei denen Investments in Contango-Rohstoffe wesentlich profitabler gewesen wären als Investments in Rohstoffe, die in Backwardation notieren.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich ist die langfristige Wertentwicklung eines Zertifikats oder Optionsscheins davon abhängig, zu welchem relativen Preis gerollt wird. Der Preisunterschied der beiden am Rollvorgang beteiligten Terminkontrakte (der sogenannte Calendar-Spread) ist im Zeitablauf nicht konstant, sondern schwankt. Der Betrag, mit dem Basispreis, Barriere oder Bezugsverhältnis angepasst werden, wird durch den Zeitpunkt bestimmt, an dem gerollt wird. Da manche Zertifikate monatlich gerollt werden, ist das Timing, wann die Rolle durchgeführt wird, auf lange Sicht durchaus von großer Bedeutung. Die Entwicklung des Preisunterschieds ist und bleibt aber zufällig und ist nicht prognostizierbar.

Viele Privatanleger ziehen häufig einen Vergleich mit dem Spot-Preis des Rohstoffs (Preis für die sofortige Lieferung eines Basiswerts) heran, um Rollverluste oder -gewinne einer Investition in Terminkontrakte zu quantifizieren. Ein solcher Vergleich wäre aber nur dann aussagekräftig, wenn die (zum Teil beträchtlichen) Kosten für die physische Lieferung und Lagerung des Rohstoffs einbezogen würden. Dies geschieht in den meisten Fällen jedoch nicht.

In der Produktpalette von Société Générale finden sich viele Zertifikate und Optionsscheine mit unbegrenzter Laufzeit, bei denen ein Future als Basiswert zugrunde liegt, der vor Fälligkeit in einen längerlaufenden Future gerollt werden muss. Folglich wird der Basiswert automatisch und in einer bestimmten Häufigkeit durch einen anderen Future-Kontrakt mit den gleichen Eigenschaften, jedoch einer anderen Laufzeit ersetzt. Dabei ist zu beachten, dass Future-Kontrakte mit unterschiedlichen Laufzeiten einen unterschiedlichen Kursverlauf nehmen können und der Kurs eines Future-Kontrakts sich nicht exakt so entwickelt wie der Kassakurs des dem Future-Kontrakt zugrunde liegenden Vermögenswerts. Ein Überblick über das gesamte Spektrum an Produkten steht im Internet unter www.sg-zertifikate.de zur Verfügung.