Technische Analyse
Williams %R – antizyklischer Einstieg in den Trend
Der vom legendären Trader und Buchautor Larry Williams entwickelte Williams %R gehört zur Indikatorengruppe der Oszillatoren. Er liefert Einstiegssignale in Trendrichtung und Take-Profit-Signale entgegen dem vorherrschenden Trend.
Wie andere Überkauft-/Überverkauft-Indikatoren dient der Williams %R dazu, extreme Kursbewegungen zu identifizieren. Die für die Oszillatoren üblichen Interpretationskonzepte finden entsprechend Anwendung.
Berechnung und Parameter
Der Williams %R (»R« steht für Range) basiert wie der bekanntere Stochastik-Oszillator auf der Methodik, den letzten Schlusskurs des Basiswerts in Relation zur Kursbandbreite einer bestimmten Zeitperiode zu setzen. Der aktuelle Schlusskurs wird dabei vom Höchstkurs der betrachteten Zeitperiode subtrahiert und diese Differenz wird anschließend durch die gesamte Bandbreite des Zeitraums dividiert. Beim Stochastik-Oszillator wird demgegenüber die Differenz zwischen Schlusskurs und Periodentief der Berechnung zugrunde gelegt. Ansonsten ist die Berechnung identisch, sodass auch die Bewegungsmuster identisch sind. Der Indikator schwankt aufgrund einer nachfolgenden Multiplikation mit 100 zwischen 0 und 100 Prozent, wobei die Skala invertiert wird, um einen besseren Verlaufsvergleich mit der Preiskurve zu gewährleisten. Die Indikatorwerte werden nicht geglättet. Die Überkauft-Zone befindet sich bei 80 bis 100 Prozent. Werte zwischen 20 und 0 Prozent gelten als überverkauft. Ein Oszillatorwert von 0 Prozent bedeutet, dass sich der Schlusskurs des Basiswerts am Periodentief befindet. Entsprechend notiert der Basiswert bei einem Oszillatorstand von 100 Prozent am oberen Ende der Spanne. Übliche Periodenlängen lauten 5, 10, 14 und 28. Diese gelten auf allen Zeitebenen, also beispielsweise Handelstage, Wochen, Stunden etc. Larry Williams selbst schlug eine Periodenlänge von 10 vor. Als Standardeinstellung gilt jedoch 14.
Grafik 1: Williams %R-Aufwärtstrend
6. Oktober 2023 bis 3. April 2024
Interpretation und Signale
Williams betonte, es sei wichtig, nur die Signale zum Einstieg zu nutzen, die mit dem Trend konform gehen. Getreu dem Motto »the trend is your friend« sollte daher zunächst die Trendrichtung festgestellt werden. Im Aufwärtstrend können Kaufsignale zum Einstieg in eine Long-Position genutzt werden. Im Abwärtstrend können entsprechend Verkaufssignale für Short-Trades fruchtbar gemacht werden. Verkaufssignale rechtfertigen im Aufwärtstrend Gewinnmitnahmen bei Long-Positionen. Kaufsignale im Abwärtstrend bieten sich für Gewinnmitnahmen bei Short-Trades an.
Doch wie sehen Kaufsignale und Verkaufssignale im Williams %R aus? Eine aggressive Methodik wäre, bereits den Eintritt des Indikators in die Überkauft-Zone als Verkaufssignal und den Eintritt in die Überverkauft-Zone als Kaufsignal zu werten. Empfehlenswert ist bei dieser Vorgehensweise, als zusätzlichen Filter eine Bestätigung der Preiskurve im Basiswert abzuwarten. Das kann beispielsweise ein Candlestick-Umkehrmuster, eine preisliche Unterstützung im Aufwärtstrend bzw. ein Widerstand im Abwärtstrend oder auch eine erkennbare Trendumkehr in einer untergeordneten (Intraday-)Zeitebene sein. Eine konservativere Vorgehensweise ist, ein Kaufsignal erst in einem Verlassen des Überverkauft-Bereichs und ein Verkaufssignal im Verlassen des Überkauft-Bereichs zu erblicken.
Grafik 2: Williams %R-Abwärtstrend
29. November 2021 bis 5. Dezember 2022
Wie bei anderen Oszillatoren entstehen auch beim Williams %R nicht selten Divergenzen zur Preiskurve, die auf ein Nachlassen der Schwungkraft hinweisen und damit vor einer möglichen Trendumkehr im Basiswert warnen. Positive bzw. bullishe Divergenzen entstehen, wenn die Preiskurve des Basiswerts im Trendverlauf neue Tiefpunkte markiert, während der Indikator diese neuen Tiefs nicht mehr nachvollzieht. Negative bzw. bearishe Divergenzen liegen entsprechend vor, wenn der Basiswert neue Hochs ausbildet, die vom Williams %R nicht mehr nachvollzogen werden.