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OPEC+: Freiwillige Produktionskürzungen verlängert
Acht Länder der OPEC+ haben Anfang März eine Verlängerung ihrer freiwilligen Produktionskürzungen bis zum Ende des zweiten Quartals bekanntgegeben. Ursprünglich wären sie Ende März ausgelaufen. Saudi-Arabien hält somit an der seit Juli 2023 geltenden Kürzung um 1 Million Barrel pro Tag für mindestens weitere drei Monate fest, womit sie für ein komplettes Jahr Bestand haben würde. Weitere Kürzungen in Höhe von knapp 700.000 Barrel pro Tag entfallen auf sechs Länder, nämlich den Irak, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Kasachstan, Algerien und Oman (siehe Grafik 1).
Diese Kürzungen, auf die man sich bei der OPEC+-Sitzung Ende November 2023 verständigt hatte, sind erst zu Jahresbeginn in Kraft getreten. Eine kleine, aber nicht unerhebliche Änderung ergibt sich für Russland. Seit Sommer 2023 galt, dass die Rohölexporte Russlands um 300.000 Barrel pro Tag reduziert werden sollten. Zu Jahresbeginn kam eine Reduktion der Exporte von Ölprodukten um 200.000 Barrel pro Tag hinzu. Als Referenz wurde jeweils der Durchschnitt der Monate Mai/Juni 2023 herangezogen.
Grafik 1: Saudi-Arabien stellt fast die Hälfte der freiwilligen Produktionskürzungen
Nun soll der Fokus bei Russland stärker auf der Produktion liegen. Im April soll sie um 350.000 Barrel pro Tag gegenüber der bisherigen Vorgabe reduziert werden, die Ölexporte um 121.000 Barrel pro Tag. Der Anteil, den die Produktion an den Kürzungen zu erbringen hat, soll im Quartalsverlauf zudem steigen. Im Juni soll die gesamte vorgesehene Kürzung des russischen Ölangebots von 471.000 Barrel pro Tag auf die Produktion entfallen. Saudi-Arabien war offenbar mit der bisherigen Fokussierung auf die Exporte nicht länger einverstanden. Denn nachvollziehbare Daten gab es nur zu den seewärtigen Rohölexporten, die sich anhand von Verladeplänen ableiten ließen. Diese decken allerdings nur einen Teil der Ölexporte ab. Verlässliche Daten zu den Exporten via Pipelines gab es hingegen nicht. Auch die Exporte von Ölprodukten blieben intransparent und sind von politischen Entscheidungen beeinflusst, wie dem Anfang März in Kraft getretenen Exportverbot für Benzin. Zudem sind die Exporte von Rohöl und Ölprodukten von den Schwankungen bei der Rohölverarbeitung abhängig. Wenn wie derzeit weniger Rohöl zu Ölprodukten verarbeitet wird, kann auch weniger Diesel oder Benzin exportiert werden. Gleichzeitig steht dann aber mehr Rohöl zum Export zur Verfügung.
Das Problem bei der stärkeren Fokussierung auf die Ölproduktion ist allerdings, dass Russland dazu seit zwei Jahren keine offiziellen Daten mehr veröffentlicht hat und eine Überprüfung der zugesagten Produktionskürzung daher schwierig ist. Das Problem gab es schon im vergangenen Jahr, als Russland eine Produktionskürzung um 500.000 Barrel pro Tag versprach, sie anhand der vorliegenden Daten zur Rohölverarbeitung und zu den Exporten aber nur teilweise erfüllte. Aus Gründen mangelnder Transparenz bei der Produktion war man im zweiten Halbjahr 2023 zu den Exporten als zusätzliches Kürzungskriterium übergegangen. Mitte Februar hatte eine Person mit Zugang zu den Daten des russischen Energieministeriums berichtet, die Produktionsmenge im Januar läge bei 1,29 Millionen Tonnen pro Tag, was umgerechnet einer Tagesproduktion von 9,46 Millionen Barrel und damit der im OPEC+-Abkommen vereinbarten Produktionsmenge entsprach. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Umfrage von S&P Global Commodity Insights. Darauf wird sich Saudi-Arabien auf Dauer aber kaum verlassen wollen. Es wäre daher für die Transparenz und Glaubwürdigkeit wichtig, dass Russland zu einer offiziellen Berichterstattung der Ölproduktion zurückkehrt.
Ein weiteres Problem ist die mangelnde Umsetzung der bisherigen Kürzungen. Russland hat die zugesagten Exportkürzungen in den vergangenen Monaten häufig nur dann vollständig erfüllt, wenn widrige Wetterbedingungen die Verladungen der Tankschiffe in den Häfen behinderten. So war es für einige Wochen im Spätherbst und im Januar, als Stürme im Schwarzen Meer und an der Pazifikküste die Ölausfuhren beeinträchtigten. Im Dezember und Februar, als es keine derartigen Probleme gab, stiegen die seewärtigen Exporte deutlich und lagen in der Folge nur noch knapp unter dem Referenzniveau (siehe Grafik 2). Der starke Rückgang der seewärtigen Ölexporte Anfang März war ebenfalls nicht von Dauer. Allerdings scheint es so, dass einige bisherige Abnehmer für russisches Öl wie Indien oder die Türkei wegen der strikteren Umsetzung der US-Sanktionen zurückhaltender geworden sind. Dieser Umstand könnte Russland wenn auch unfreiwillig helfen, die Produktions- und Exportkürzung umzusetzen.
Grafik 2: Seewärtige Rohölexporte Russlands zuletzt deutlich gestiegen
Gestrichelte Linie: Referenzniveau für Exportkürzung
Auch andere Länder erfüllten die zugesagten Produktionskürzungen zuletzt nicht. Dies betrifft insbesondere den Irak, der seine Ölproduktion im Januar und Februar deutlich weniger reduzierte als vereinbart (siehe Grafik 3). Zwar hat der irakische Ölminister stärkere Produktionskürzungen zur Kompensation der vorherigen Überproduktion in Aussicht gestellt, im Februar passierte das noch nicht. Ob es in den kommenden Monaten dazu kommen wird, bleibt abzuwarten. Kasachstan hatte wie der Irak als Ausgleich für die höhere Produktion im Januar für die kommenden Monate ebenfalls stärkere Kürzungen versprochen. Einer Umfrage von S&P Global Commodity Insights zufolge blieb die kasachische Ölproduktion auch im Februar zu hoch (siehe ebenfalls Grafik 3).
Grafik 3: Nicht alle Länder halten sich an die zugesagten Produktionskürzungen
Abweichung der Produktion von der Vorgabe
Insgesamt produzierten die neun an Produktionsvorgaben gebundenen OPEC-Länder im Februar laut Reuters-Umfrage 191.000 Barrel pro Tag mehr als vereinbart. Gemäß der Umfrage von Bloomberg lag die Abweichung sogar bei knapp 400.000 Barrel pro Tag, da Bloomberg eine deutlich höhere Produktion für die Vereinigten Arabischen Emirate ausweist, die damit ebenfalls deutlich über der zugesagten Menge lag. Zu einem etwas besseren Ergebnis kommt die Umfrage von S&P Global Commodity Insights, die für die gesamte OPEC+ im Februar eine Zielüberschreitung von 175.000 Barrel pro Tag ausweist. Das liegt aber daran, dass einige Nicht-OPEC-Produzenten wie Aserbaidschan, Malaysia, Sudan und Südsudan deutlich weniger produzieren als erlaubt, was auf unfreiwillige Faktoren zurückzuführen sein dürfte. Das deutliche Überschreiten der vereinbarten Produktionsvorgaben einiger OPEC+-Länder schwächt die beabsichtigte Wirkung der Kürzungen auf den Ölmarkt.
Der Ölmarkt hat die Nachricht von der Beibehaltung der freiwilligen Produktionseinschränkungen unbeeindruckt aufgenommen. Der Brent-Ölpreis schwankte in den Tagen danach in einer Spanne zwischen 82 bis 84 US-Dollar je Barrel. Ein Überangebot im zweiten Quartal dürfte nun zwar verhindert werden, was auch die fallende Brent-Terminkurve nahelegt. Eine Verlängerung um weitere drei Monate wurde allerdings vom Markt erwartet. Quellen aus dem Umfeld der OPEC+ hatten das in den Tagen zuvor bereits angedeutet. Ob die freiwilligen Produktionskürzungen wie beabsichtigt zur Jahresmitte schrittweise zurückgenommen werden können, macht die OPEC+ von den Marktbedingungen abhängig. Diese Prämisse galt schon für das zweite Quartal, die Marktbedingungen haben dies aber verhindert. Ob es in drei Monaten anders aussieht, dürfte maßgeblich von der Entwicklung der Nachfrage abhängen. Hier erwarten sowohl Internationale Energieagentur (IEA) als auch OPEC eine spürbare Belebung im Jahresverlauf (siehe Grafik 4). Auch wir erwarten eine Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte, was ebenfalls für eine stärkere Ölnachfrage spricht.
Grafik 4: Ölnachfrage soll im Jahresverlauf steigen
Ab Q1 2024: Prognosen der IEA und der OPEC
Dies würde es den acht Ländern ermöglichen, ab der Jahresmitte zumindest graduell aus den Produktionskürzungen auszusteigen, ohne ein Überangebot und einen Preisrückgang zu riskieren. Allerdings darf dafür das Ölangebot außerhalb der OPEC+ und hier insbesondere in den USA nicht stärker steigen. Ansonsten wären die acht Länder gezwungen, die Produktionskürzungen erneut zu verlängern. Die nächste offizielle OPEC+-Sitzung ist für Anfang Juni anberaumt, wo diese Entscheidung getroffen werden dürfte. Bis dahin muss der OPEC+ daran gelegen sein, eine möglichst strikte Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zu gewährleisten, damit sich der Ölpreis der Sorte Brent auch bei einer Abnahme der geopolitischen Risikoprämie oberhalb von 80 US-Dollar je Barrel behauptet.
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Stand: 21. März 2024; Quelle: Société Générale
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