Interview
Verluste gehören zum Geschäft: Interview mit Ingmar Königshofen, Inhaber von IK Invest
ideas: Herr Königshofen, als Trader und Technischer Analyst sind Sie Autor des ideas-EXO-Newsletters und auch regelmäßiger Gast in unserem wöchentlichen Webinar SG Active Trading. Können Sie uns erzählen, wie Sie an die Börse gekommen sind?
Ingmar Königshofen: Das liegt mittlerweile einige Jahre zurück. Mit 13 Jahren wurde bei mir das Interesse an der Börse und vor allem an der permanenten Veränderung der Aktienkurse geweckt, als ich die ersten Male den Nachrichtensender ntv gesehen habe. Mit 14 Jahren habe ich dann meine ersten Aktienkäufe getätigt und bin schrittweise weiter in die Materie eingestiegen. Wie viele andere Börsianer bin ich also kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase (bei mir 1998) an den Markt gekommen. Zu dieser Zeit war meine Hauptinformationsquelle für die Kurse der Teletext, und die Käufe und Verkäufe wurden noch vor Ort in der Sparkasse oder per Telefon und Fax aufgegeben. Heute ist das natürlich um einiges komfortabler.
Seitdem gab es immer wieder Zeiten, in denen Anleger starke Nerven gebraucht haben. Man erinnere sich nur einmal an das Platzen der von Ihnen eben erwähnten Dotcom-Blase oder auch die Eurokrise. Gab es nie Momente, in denen Sie daran gedacht haben, der Börse den Rücken zu kehren?
Tatsächlich nicht. Natürlich habe ich in meiner Börsenzeit auch ziemliche Aufs und Abs erlebt, aber gerade die Rückschläge haben bei mir eher dazu geführt, an mir zu arbeiten, meine Strategien zu verbessern und meine Psyche zu stärken. Ich versuche also, aus Rückschlägen gestärkt hervorzugehen. In der Tat sind mir auch viele Personen bekannt, die nach wenigen Gehversuchen an der Börse und entsprechenden Negativerlebnissen direkt das Handtuch geworfen haben. Meiner Mentalität entspricht das nicht. Ich bin der Meinung, dass vor allem im aktiven Trading harte Arbeit erforderlich ist. Das gilt jedoch genauso für fast jeden anderen Beruf, daher ist das eigentlich wenig überraschend. Aber die öffentliche Wahrnehmung ist häufig eine andere. Man sollte also eine gewisse Demut mitbringen, denn auch die vielen Statistiken zeigen, dass leider der Großteil der privaten Trader am Kapitalmarkt Geld verliert. Es erfordert also, sich ständig weiterzubilden und an sich zu arbeiten. Damit komme ich auch auf die Faszination der Börse zu sprechen: Kein Tag gleicht dem anderen, und es besteht jederzeit die Möglichkeit, sich zu verbessern. Außerdem spielen viele Themen (Wirtschaft, Politik, Psyche, Strategien usw.) am Markt eine Rolle, sodass permanent am eigenen Wissensaufbau gearbeitet werden kann.
Derzeit haben wir ja das Gegenteil von Krisenstimmung, denn der KI-Hype befeuert die Börsenkurse weltweit. Ist diese Euphorie für Sie nachvollziehbar oder erinnert Sie das eher an die frühen 2000er-Jahre?
Viele wichtige Indizes weltweit haben zuletzt neue Allzeithochs erreicht. Von einer Krise ist derzeit also wenig zu spüren, doch sei direkt angemerkt, dass sich das natürlich auch schnell ändern kann. Künstliche Intelligenz ist zweifelsohne das Thema der Stunde. Der bedeutende Unterschied zu den frühen 2000er-Jahren besteht sicherlich darin, dass die Unternehmen, die derzeit im Fokus stehen, über ein lukratives Geschäftsmodell verfügen und die finanziellen Kennzahlen diese Bewegung begründen. Während der Zeit des Neuen Marktes verzeichneten die Aktien vieler Unternehmen extreme Kurssteigerungen, ohne dabei nennenswerte Umsätze zu erzielen. Nur die Hoffnung trieb diese Kurssteigerungen an. Zudem war die Stimmung in der breiten Öffentlichkeit damals deutlich positiver. Derzeit sehe ich diese beiden Faktoren noch nicht gegeben, es gilt jedoch darauf zu achten, mögliche Übertreibungsphasen frühzeitig zu erkennen.
Geben Sie uns bitte einmal einen Einblick in Ihre eigene Strategie. Wie treffen Sie Ihre Investmententscheidungen?
Es ist wichtig, zwischen meinem sehr kurzfristigen Trading und meinem Swingtrading zu unterscheiden. Für mein kurzfristiges Trading auf den DAX habe ich im Laufe vieler Jahre ein Handelssystem entwickelt, in das verschiedene Faktoren einfließen, die ich jedoch nicht im Detail offenlege. Bei meinem Swingtrading nutze ich verschiedene »Vorfilter«, die mir möglichst objektiv anzeigen sollen, ob der jeweilige Markt mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit über die nächsten Wochen und Monate steigen oder fallen wird. Diese Vorfilter stelle ich übrigens auch regelmäßig bei meinen Auftritten im Webinar SG Active Trading und auf meinen YouTube-Kanal »IK Invest« vor.
Erst nach dieser Analyse kommen bei mir charttechnische Aspekte zum Tragen, über die ich mein Trading-Setup ableite. Zu den genutzten Vorfiltern zählen beispielsweise das Sentiment (die Marktstimmung als Kontraindikator), die Saisonalität, verschiedene Zyklen und die CoT-Daten (Commitment of Traders). Der CoT-Report ist ein wöchentlich veröffentlichter Bericht der Commodity Futures Trading Commission (CFTC), der Informationen über die Handelspositionen meldepflichtiger Marktteilnehmer enthält. Aus diesen Daten lassen sich äußerst interessante Erkenntnisse gewinnen.
Nutzen Sie bei der Umsetzung auch strukturierte Wertpapiere?
Strukturierte Produkte kommen bei mir zu 99 Prozent zum Einsatz, da ich sie sowohl für mein sehr kurzfristiges als auch für mein Swingtrading nutze. Obwohl ich gelegentlich auch Aktien und ETFs kaufe, geschieht dies ausschließlich für langfristigen Vermögensaufbau. Der entscheidende Vorteil strukturierter Wertpapiere liegt vor allem darin, dass sie den Handel in verschiedenen Marktphasen ermöglichen. Dabei setze ich nicht nur auf klassische Knock-Out-Produkte, sondern auch auf Discount- und Inline-Optionsscheine, die den Handel in Seitwärtsmärkten ermöglichen.
Wahrscheinlich geht bei Ihnen auch nicht jeder Trade auf. Verraten Sie uns, wobei Sie das höchste Lehrgeld bezahlen mussten?
Es ist wichtig, zu betonen, dass Verluste zum Geschäft gehören. Leider versuchen viele öffentlich handelnde Trader, ihre Verluste zu verbergen und nicht zu kommunizieren. Das ist menschlich verständlich, führt jedoch manchmal zu einer falschen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Verluste und Drawdown-Phasen sind für jeden Trader und Investor unvermeidlich. Auch ich habe in der Vergangenheit Trades erlebt, bei denen die Positionsgröße und der Hebel falsch gewählt wurden, was plötzlich zu erheblichen Verlusten führte. Im Nachhinein wurde mir klar, dass es sich dabei eher um emotional motivierte Trades handelte und es nichts mit einer gezielten Strategie zu tun hatte. Daher habe ich mich weiterentwickelt und Strategien mit einem statistischen Vorteil entwickelt.
Welche Lehren haben Sie daraus gezogen?
Gerade aus Rückschlägen und Verlusten im Trading lassen sich wertvolle Lehren ziehen. Für mich besteht eine der zentralen Erkenntnisse darin, konsequent an meiner Handelsstrategie festzuhalten. Die Verlockung, sich von kurzfristigen Emotionen leiten zu lassen, kann groß sein, aber die Stabilität und Konsistenz meiner Strategie sind von entscheidender Bedeutung. Zugleich habe ich gelernt, das Risiko pro Trade strikt zu kontrollieren. Das beinhaltet eine sorgfältige Auswahl der Positionsgröße und des genutzten Hebels.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bedeutung von Demut. Die Finanzmärkte sind komplex und unberechenbar, und auch die besten Strategien können nicht vor Verlusten schützen. Demut hilft mir, sowohl Erfolge als auch Rückschläge mit der gleichen Ernsthaftigkeit zu betrachten und ständig offen für Verbesserungen zu sein. Diese Lehren bilden das Fundament meiner Herangehensweise an den Markt und tragen dazu bei, langfristig erfolgreiche Entscheidungen zu treffen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Anja Schneider.