Technische Analyse
Der RSI-Indikator – Teil 2
Nachdem wir in der letzten Folge das dem RSI-Indikator zugrunde liegende Konzept, seine Berechnung sowie die Basisinterpretation besprochen haben, widmen wir uns nun verschiedenen Techniken der Anwendung. Dabei stehen die Themen Divergenzen, Trendlinien, Formationen und die Kombination mit anderen Analysetechniken im Fokus.
Divergenzen zur Preiskurve
Als eine der wichtigsten Anwendungsmöglichkeiten des RSI-Indikators gilt die Divergenz-Analyse. Zu einer Divergenz zwischen RSI-Indikator und der Preiskurve des untersuchten Basiswerts kann es in zwei Konstellationen kommen. Entweder markiert der Basiswert im Verlauf des etablierten Aufwärtstrends ein neues höheres Hoch, während der RSI-Indikator gegenüber seinem zeitlich korrespondierenden Hoch kein neues höheres Hoch erreicht. Dann liegt eine sogenannte negative bzw. bearishe Divergenz vor. Oder der Basiswert markiert im Rahmen des etablierten Abwärtstrends ein neues tieferes Bewegungstief, während der RSI-Indikator gegenüber seinem zeitlich korrespondierenden Tief kein neues tieferes Bewegungstief erreicht. In diesem Fall liegt eine sogenannte positive bzw. bullishe Divergenz vor. Die genannten beiden Konstellationen indizieren, dass der Basiswert in seinem Trendverlauf an Schwung (Momentum) verliert. Dies wiederum macht den Wert anfällig für eine Korrektur oder sogar eine Trendwende, falls sich die Divergenz im RSI-Indikator ausgehend von einem überkauften (oberhalb der 70er-Marke) bzw. überverkauften (unterhalb der 30er-Marke) Niveau aus entwickelte. Die entstandene Divergenz darf als wichtiges Warnsignal aufgefasst werden, stellt jedoch für sich alleine keine ausreichende Begründung für eine Positionierung gegen den noch vorherrschenden Trend dar. Denn nicht selten kommt es zur Ausbildung multipler Divergenzen, bevor schließlich die Preiskurve des Basiswerts eine signifikante Bewegung entgegen dem Trend vollzieht. Sinnvoll erscheint es allerdings meist, die schützenden Stopps trendkonformer Positionen zur Gewinnsicherung engmaschig nachzuziehen oder Teilverkäufe zu tätigen.
Grafik 1: RSI-Divergenzen
Trendlinien und Formationen
Genau wie der untersuchte Basiswert ist auch die RSI-Kurve einer Analyse anhand von Trendlinien zugänglich. Nicht selten ist dabei zu beobachten, dass der Bruch einer am RSI-Indikator angelegten Trendlinie zeitlich früher erfolgt als der Bruch der entsprechenden Trendlinie in der Preiskurve des Basiswerts. Der frühzeitige Bruch der RSI-Trendlinie kann daher als Warnsignal aufgefasst werden. Solange sowohl die Trendlinie im Basiswert als auch die entsprechende Trendlinie im RSI-Indikator intakt sind, liegt eine Konvergenz vor. Diese bestätigt die Validität des etablierten Trends. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass sich im RSI gelegentlich auch klassische Chartformationen erkennen lassen, während dies beim Basiswert zur gleichen Zeit nicht der Fall ist. Meist handelt es sich dabei um Kopf-Schulter-Formationen/inverse Kopf-Schulter-Formationen, Doppeltops/Doppelböden und Dreiecke. Ein Ausbruch aus einer derartigen RSI-Formation liefert entsprechend auch eine Indikation über das weitere Geschehen in der Preiskurve des Basiswerts.
Grafik 2: Trendlinien-Analyse
Grafik 3: Formationen
Die Kombination macht’s
Wie bei allen Methoden der Technischen Analyse gilt auch beim RSI-Indikator, dass erst die Kombination mit weiteren Techniken verlässliche Signale liefert. So kann beispielsweise der RSI-Indikator als Filter für Kerzenumkehrsignale fungieren. Dabei werden nur die Umkehrsignale beachtet, die auftreten, während sich der RSI entweder im überkauften oder im überverkauften Terrain befindet. Ferner besteht eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für die Relevanz eines erreichten Widerstands bzw. einer erreichten Unterstützung, wenn sich der RSI-Indikator zu diesem Zeitpunkt in einem Extrembereich befindet. Die Verlässlichkeit einer komplettierten Trendumkehrformation im Basiswert wird durch eine vorausgegangene Divergenz im RSI-Indikator gesteigert.